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Stummschaltung – Warnung vor dem Unterschied des Klangs
Liebe Klavierenthusiastinnen und -enthusiasten,
stummschaltbare Klaviere sind heutzutage eigentlich fast eine Art von Standard geworden. Wenn Sie ein Klavier suchen, sehen Sie oft, dass es eine sogenannte Stummschaltungseinrichtung hat, mit der man die Hämmer kurz vor Anschlagen der Saiten stoppt und man in diesem Moment über Kopfhörer ein digitalen Instrument hört, obwohl man immer noch an seinem akustischen Instrument sitzt und dieses bespielt.
Nun ist es aber doch so: Das oftmals akustische Kleinklavier hat in den eigenen vier Wänden einen bestimmten Klang. An diesen hat man sich nach einer Weile gewöhnt. Spielt man nun das digitale Instrument über Kopfhörer, sollte einem klar sein, dass da in der Regel als erstes ein Sample (ein digitaler Klang) eines großen Konzertflügels erklingt. Natürlich haben die meisten Systeme auch die Möglichkeit, dass man einen Klavierklang wählen kann, aber wer will das schon, wenn man auch einen Flügel über Kopfhörer hören kann?
Oftmals werden diese Instrumente von Menschen gekauft, die wenig Zeit zum Üben über den Tag haben, sondern die Stummschaltung gerade in Mietwohnungen nutzen möchten, um Nachbarn oder Familienangehörige während des Übens nicht zu stören.
Was passiert: Es wird das rein akustische Instrument immer seltener gespielt und immer häufiger findet man sich mit dem Kopfhörer auf den Ohren am Instrument. Zwar hat man immer noch den Vorteil der guten Klaviatur und Mechanik, die ja die des akustischen Instruments ist. Aber man gewöhnt sich zunehmend an den Klang des Flügels, mag dieser auch „nur“ digital abgerufen werden.
Der Klang ist groß und räumlich zum Teil wunderbar, denn man kann bei vielen Systemen auch noch mittels der Einstellung klanglich einen Konzertsaal imitieren. Setzt man dann irgendwann wieder einmal die Kopfhörer ab und spielt das akustische Instrument, ist man ein wenig enttäuscht, dass das Klavier in den eigenen vier Wänden halt so klingt, wie es ist: Ein kleineres Instrument in einem meist kleineren Raum.
Jeder Nutzer von Stummschaltungsklavieren sollte sich klar darüber sein, dass es einen großen klanglichen Unterschied zwischen der Realität des akustischen Klaviers und dem digital abgerufenen Flügelklangs gibt. Und jeder sollte sich dazu durchringen auch immer wieder das akustische Instrument zu spielen.
Zum einen wird man dann nicht irgendwann von seinem beim Kauf sorgfältig ausgewählten Klavier enttäuscht sein und es kaum mehr mögen. Zum anderen fehlt es bei einem beständigen Spiel des digitalen Instruments an dem Erlebnis der vibrierenden Saiten, der Ausbreitung des Klangs um einen herum. Denn das, was man über Kopfhörer hört, wird einem ja letztendlich nur vorgegaukelt, kann aber das Erlebnis des rein akustischen Klangs nicht wirklich befriedigen.
Klaviere mit Stummschaltung und digital zuschaltbarem Klang, den man über Kopfhörer hören kann, sind ein wunderbares Mittel, um immer dann üben und spielen zu können, wann man die Zeit dazu findet. Aber man darf sich nicht zu abhängig von den Kopfhörern und dem damit verbundenen Klang machen, denn damit tut man dem akustischen Instrument Unrecht.
Carsten Dürer
- Chefredakteur PIANONews -